Restlverwertung

Der samstägliche Flohmarkt am Wiener Naschmarkt macht Freude besonders bei der weichen Luft, die bis heute vor den Gewitterwolken hergeschoben wurde.
Da gibts stinkende Turnschuhe aus Plastik, Spitzendeckerln, Autositze, Uniformen, löchrige Teppiche, Kofferradios in hellblau, halbe Schreibtischlampen und Wasserbüffelköpfe.
Ich fuhr mit meinem knallroten Rad so langsam wie möglich an den Standln vorbei, damit mir auch nichts von dem Kleinscheiß entgeht und war fasziniert von der alten Wasserbüffel-Jagdtrophäe aus Afrika, datiert mit Neunzehnhundert...ähm...ich musste noch näher ranfahren...irgendwas mit 8...
"Suchen sie etwas bestimmtes?" Fragte der Mann vom Standl so höflich wie eine Unterwäscheverkäuferin.
"Wieviel kostet der Wasserbüffel?"
"Der WAAAS???"
"Der Schädl, daaa am Boden" und zeigte - noch immer auf meinem Fahrrad balancierend - hin.
"200 Euro..." aber als er mir in die Augen sah wußte er schon, dass er mir zu teuer war. Da ich auch weder meine Tasche noch mein Konto Liquidität aufwies, wollte ich auch nicht handeln und schüttelte nur den Kopf.
"Warte mal Mädl. Wir machen einen Tausch! Wasserbüffel gegen Dein Fahrrad!"
Ich überlegte. Mein Rad war toll und der Wasserbüffel war toll. In zehn Jahren findet man sowas nicht mehr, weil es einfach zu makaber ist, Wasserbüffel sowohl zu schießen als auch zu verkaufen. Die daraus resultierende Bläuäugigkeit nach einer heftigen Konfrontation mit VierPfoten tut sich irgendwann keiner mehr an. Auch wenn das Tier schon Neunzehnhundert...ähm...achtundirgendwas...??? Aber ich war ehrlich und wollte zudem nicht mit einem alten (stinkenden?) Büffelkopf in der Hand quer durch Wien latschen.
"Tut mir leid, bei dem Deal steigen sie schlecht aus, mein Fahrrad hat neu gerade einmal 179,90 beim Baumarkt gekostet".
Keine zwei Standln später sprang mir ein dunkler, ca. 14jähriger Knabe vor den Stollenreifen, bzw wurde mir offensichtlich von seinem Vater vor das Rad geschubst.
"Du verkaufen Fahrrad?"
"Nein, tut mir leid. Ich brauche es noch zum heimfahren"
"Wieviel kostet?"
"Keine Ahnung, es ist nicht verkäuflich"
"Hat neu gekostet?"
"400 Euro" log ich, um ihm zu zeigen, dass er den Handel gar nicht erst anfangen brauchte. Im selben Moment biß ich mir aber auf die Zunge. Denn dann konnte ich mein Rad nicht mehr unbeaufsichtigt lassen und Kaffee trinken gehen. Beim letzten Flohmarkt hat mir irgendwer alles abgeschraubt.
"H-U-N-D-E-R-T-N-E-U-N-U-N-S-I-E-B-Z-I-G-N-E-U-N-Z-I-G" rief ich ihm sinnloserweise nach, denn er war schon wieder verschwunden.
Am Ende des Marktes hatten sich die Schmarotzer angesiedelt - Leute, die keine Standgebühr zahlen wollen. Ab dort dünnen die darbebotenen Waren übergangslos in Ramsch, Unverkäufliches und Dreck aus. Hinter dieser "Zone" lag ein Fahrradsattel auf dem Boden. Schwarz, ordentlich vernähtes Leder, neuwertig und herrenlos. Als hätte ihn jemand verloren.
Aber als ich ein zweites Mal hinschaute, war auch schon ein dicker Mann zur Stelle, der ihn unauffällig aufhob, sich noch unauffälliger umschaute und sich damit verdünnisierte.
Auch der Wasserbüffel hatte einen Abnehmer gefunden. Er striff mich beinahe mit seinen geschwungenen schwarzen Hörnern, als er an mir vorbei in einen Kleinbus gehievt wurde. Neunzehnhundertachtund...zwanzig. Aha.
Hier bleibt auch nichts übrig.
tischNr2 - 22. Mai, 18:50
Du, gibts Chancen, mich doch noch im WWW zu sozialisieren? Bin kurz vorm Aufgeben in Sachen Net…
Wie gehts Dir? Finde die Zupicker-Sammlung genial, werde in der STM meine alten Kleber auf den Kästen fotografieren…
Wennst noch wach bist ruf ich dich schnell an wegen www.